Blog Details Banner Image
blog details

Markenführung im Wandel

Klaus Ammon
April 10, 2025
Category :
Consulting

Klaus Ammon ist Gründer und Verwaltungsrat von management tools und verfügt dank seiner langjährigen Beratungstätigkeit für nationale und internationale Unternehmen über umfassende Expertise in der methodischen Beratung und Umsetzung beratungsorientierter Forschungsprojekte, wobei er massgeblich den Bereich der qualitativen Marktforschung aufgebaut hat.

Markenführung im Wandel – warum klassische Markentrackings an ihre Grenzen stossen

„Was man misst, ist nicht immer das, was wirkt. Und was wirkt, lässt sich nicht immer sofort messen.“  
Diesen Satz sollte man sich als Branding Verantwortliche/r eigentlich ins Strategiebuch schreiben ...

Die Führung von Marken steht heute an einem Scheideweg. Auf der einen Seite bewährte Tracking-Systeme, die das Markenbild über Zeitachsen hinweg erfassen – systematisch, vergleichbar, kontrollierbar. Auf der anderen Seite ein Markt, der sich zunehmend fluide, emotional und kulturell komplex präsentiert. Was früher als stabil galt – Markenimages, Zielgruppen, Touchpoints – erscheint heute wie durch ein Prisma gebrochen. Es setzt sich zusammen aus dynamischen Situationen, Kontexten und Bedeutungsräumen.

In dieser neuen Wirklichkeit geraten klassische Markentrackings zunehmend ins Schleudern. Nicht - weil sie schlecht wären, sondern weil sie ein statisches Modell auf eine dynamische Realität legen und damit zwangsläufig etwas übersehen: Das Warum hinter dem Was.

Wenn Kennzahlen nicht mehr reichen

Natürlich liefern Bekanntheit, Sympathie, Relevanz oder Kaufabsicht wertvolle Orientierung. Doch sie tun es oft so, wie ein Thermometer Fieber misst – präzise, aber ohne Ursachenklärung. Ein Rückgang der Markenpräferenz wird sichtbar, aber nicht erklärt. Ein Anstieg der Awareness ist erfreulich, aber inhaltsleer, solange man nicht weiss, was im Kopf – oder besser - im Bauch der Konsumenten wirklich passiert.

Markenerleben ist heute kein linearer Prozess mehr. Es entstehen Bruchkanten zwischenIdeal und Realität, zwischen Markenversprechen und gesellschaftlicher Erwartung. Und - Markenerleben verändert sich oft über Nacht. Die logische Folge: Ein Trackingmodell, das auf Stabilität, Wiederholung und Vergleichbarkeit ausgelegt ist, wird blind für das Neue, das Irritierende – und manchmal auch das Bedeutende.

Von den blinden Flecken des Messens

Klassische Markenforschung blendet zumeist jene Sphären aus, in denen sich Bedeutung bildet, bevor sie sich zeigt. Das betrifft vor allem:

  • Emotional gesteuerte Bewertungen, in denen sich unbewusste Assoziationen, latente Vorurteile oder kulturell geprägte Deutungsmuster verankern.
  • Situative Kontexte, in denen Marken plötzlich ganz anders gelesen werden – weil sich der soziale Rahmen, die Stimmung oder der persönliche Bedürfnis Statusverändert.
  • Kulturelle Trends und Werteverschiebungen, die Einfluss auf die Deutung einer Marke nehmen, noch bevor sie in KPIs messbar werden.

Was wir also beobachten, ist keine Schwäche des Messens – sondern ein Strukturproblem der Methode. Um dies auf andere Weise zu illustrieren … man kann einem Barometer nicht vorwerfen, dass es keine Windrichtung angibt.


Von der Messung zur Deutung – was Marken heute benötigen

Moderne Markenführung beginnt dort, wo klassische Trackings enden: Bei der Interpretation des Kontexts. Wer verstehen will, was mit seiner Marke geschieht, muss hinter die Bühne schauen – die Bedeutungsräume, die kulturellen Codes, die psychologischen Verschiebungen anschauen, verstehen und interpretieren.

Das gelingt nur mit Methoden, die mehr können als «nur» zählen. Dazu gehören:

  • Qualitative Tiefenanalysen – die sich nicht mit einer einfachen  Antwort zufriedengeben sondern Verständnis für die Denkstruktur dahinter entwickeln.
  • Hintergrundevaluationen, die den gesellschaftlichen und kommunikativen Kontext mitdenken – etwa durch narrative Interviews, ethnografische Beobachtungen oder semiotische Analysen.
  • Hybride Forschungsansätze, die quantitative Reichweite mit qualitativer Tiefe verbinden – nicht als Add-on, sondern als integriertes System.

So banal es klingt: Ein Markenbild entsteht nicht in einem Fragebogen, sondern im Kopf des Kunden. Und dieser Kopf ist kein Rechenzentrum, sondern ein Resonanzraum.

Fallbeispiel aus der Praxis

Ein Unternehmen aus dem Konsumgüterbereich registrierte einen signifikanten Rückgang in der Markenbindung. Die quantitativen Daten gaben zunächst keine klare Erklärung – weder Qualität noch Preisstruktur hatten sich verändert. Erst im Rahmen einer qualitativen Studie wurde deutlich: Die Zielgruppe hatte begonnen, bestimmte Marken mit einem Lebensstil zu assoziieren, der nicht mehr zu ihren aktuellen Werten passte. Es war kein Imageproblem – es war ein Wertebruch. Ohne die vorgenommene «Tiefenbohrung» wäre das unsichtbar geblieben.

Fazit: Markenführung als kulturelle Kompetenz

Markenführung heute ist nicht nur ein analytischer, sondern ein kultureller Akt. Sie verlangt ein Gespür für Zwischentöne, Bedeutungsverschiebungen und symbolische Aufladungen. Klassische Markentrackings stossen hier an ihre Grenzen – nicht aus methodischer Schwäche, sondern aus struktureller nicht erfassbarer Kurzsichtigkeit. Wer Marken strategisch führen will, muss hören, was zwischen den Zahlen gesagt wird. Man muss verstehen, bevor man entscheidet. Und man muss bereit sein, neben dem messen auch zu deuten – wenn auch Deutungen keine hard facts sind. Aber nur so lassen sich Emotionen wirklich erfassen und interpretieren.

Kontakt

Sie möchten wissen, was Ihre Marke bewegt – unterhalb der Oberfläche? Wir zeigen Ihnen, wie Sie qualitative Forschung, Kontextanalyse und Markenstrategie intelligent verbinden. Lassen Sie uns ins Gespräch kommen.

Aktuelle Beiträge

Andreas Logk
Consulting
Read more
Corporate Team Image

Sprechen Sie mit unserem Expertenteam

Send Icon
Noch Fragen? Wir helfen gern.
research@management-tools.ch